Die Sandsteinhöhle in Wallsee

Allgemeines Funde Nutzung- u. Erforschungsgeschichte Zoologische Beobachtung Beschreibung Entstehung der Höhle

In Wallsee befindet sich am südlichen Ufer der Donau eine 313 m lange Höhle in Melker Sanden. Der Großteil der Höhle entstand durch Erweiterung durch den Menschen. Kleine vorhandene Naturräume und der Fund eines urgeschichtlichen Tonscherben berechtigen zur Aufnahme in den österreichischen Höhlenkataster.

Allgemeines
Bei der niederösterreichischen Landesausstellung 1988 im Stift Seitenstetten lag in der Klosterbuchhandlung ein farbiger Faltprospekt über Katakombenspiele in den Sandsteinhöhlen von Wallsee. Da der Katasterführung des zuständigen Landesvereins für Höhlenkunde in Wien und Niederösterreich in diesem Gebiet kein Objekt bekannt war, wurde die Höhle aufgesucht und bearbeitet.
Die Höhle, die den Zweitnamen „Steinerkeller“ hat, liegt in Wallsee am orographisch rechten Ufer der Donau in einem relativ steilen Hang. Der Eingang befindet sich auf dem Grundstück der Familie Schnepf (Wallsee 59) und ist nicht frei zugänglich.
Die Sandsteinhöhle liegt wie die Höhlen benachbarter Gebiete des Alpenvorlandes (Katastergebiet 1881 und 1882), in Melker Sanden. Die dominanten Klüfte weisen kristallisierten Sandstein auf. Im oberen Gang (Geheimgang) sind in der dort befindlichen Wasseransammlung zahlreiche Kalkplättchen abgelagert.

Nutzungs- und Erforschungsgeschichte
Der Eigentümer, Frau Schnepf, verdanken wir Hinweise über die Geschichte der Höhle vor der Bearbeitung durch Mitglieder des Landesvereines. Demnach erlangte die Höhle die heutige Größe durch den Reibsandabbau, der schon von deren Eltern und Großeltern betrieben wurde.

Dieser Sand wurde vor allem an Gaststätten verkauft, wo er als Bodenbelag und Reinigungsmittel Verwendung fand.Während des zweiten Weltkrieges dienten die Räume als Kartoffeldepot für die Konzentrationslager St. Valentin und Mauthausen. Bei Kriegsende war die Höhle Zufluchtsort für die Bevölkerung. Später stand sie kurzfristig als Müllschlucker der Straßenverwaltung in Verwendung. Die Jugend der näheren und weiteren Umgebung hatte die Idee, diese großen und mystisch wirkenden Räume als Ort für Katakombenspiele zu nützen. Nachdem diese Idee überall Anerkennung gefunden hatte, wurde die Höhle in einer großangelegten Säuberungsaktion gereinigt. 1985 und 1990 wurde ein Stück der Mundartdichterin und Schriftstellerin Resl Mayr (7.2.1891 bis 19.11.1980) aufgeführt. Die Aufführungen sollen auch in Zukunft alle fünf Jahre stattfinden. Das Stück spielt im Römerkastell Adjuvense zur Zeit des Kaisers Doikletian. Am 25. März 1989 wurde die Sandsteinhöhle erstmals von Mitarbeitern des Verbandes österreichischer Höhlenforscher besucht und eine Fledermausbestandsaufnahme durchgeführt. Bei einer weiteren Fledermauskontrolle am 29.9.1990 wurde festgestellt, dass einige Naturräume vorhanden sind und daher die Bearbeitung und Aufnahme in den österreichischen Höhlenkataster gerechtfertigt wäre. Die Vermessungsarbeiten begannen am 18.11.1990 und wurden bis 8.12.1990 fortgesetzt und abgeschlossen. Die Vermessung ergab eine Gesamtlänge von 313 Meter und einen Höhenunterschied von 12 Meter (Abbildung 2 und 3). Am 16.12.1990 fand gemeinsam mit oberösterreichischen Höhlenforschern und Bürgern von Wallsee die traditionelle Höhlenweihnachtsfeier des Landesvereines für Höhlenkunde in Wien und Niederösterreich mit 130 Teilnehmern statt.

Beschreibung
Unterhalb des Einfamilienhauses befinden sich an der Nordseite des Grundstückes zwei versperrte Eingänge.Der östliche Eingang führt in den Weinkeller. Dieser künstliche, gegrabene 14 m lange und 3 m breite sowie an die 2 m hohe Gang weist an seiner Nordostwand eine 2 m lange und 1,6 m breite Nische auf. Eine Öffnung zur Eingangshalle in der gegenüberliegenden Wand ist durch eine Ziegel-Naturstein-Mauer verschlossen.

In diesem Höhlenteil sind zur Zeit im sandigen Boden auch Kartoffeln, Karotten und Rote Rüben gelagert.
Der andere Eingang führt über 32 Stufen (zuerst nach Südost, nach einem Stiegenabsatz nach Norden) in die 14 m lange, 8 m breite und bis zu 10 m hohe Eingangshalle, deren Sohle 6 Meter tiefer liegt.
Nördlich davon, von der Eingangshalle nur durch zwei Sandsteinpfeiler getrennt, liegt die 16 m lange und 7 m breite, 6 m hohe Entsorgungshalle. Hier türmt sich noch unter einer mit ei-ner Eisentraverse, Hohlziegeln und einer Stahlplatte verschlossenen Deckenöffnung ein ca. 4 m hoher aus unverrottbaren Materialien bestehender Müllberg. An der Ostseite der Eingangshalle ist eine Trennwand aus Holz und Betonhohlziegeln, in der eine Durchstiegsöffnung in den südöstlichen Teil der Entsorgungshalle führt. Dort beginnt der in südöstlicher Richtung ziehende, 23 m lange, 4 m breite und bis zu 2,2 m hohe Scherbengang. An der Nordostwand gibt es an mehreren Stellen zu Teil befahrbare Hohlräume. Hier dürften mit Lockermaterial verfüllte (Tonscherbenfunde), unbefahrbare Verbindungen nach aussen vorhanden sein.
Parallel zum Scherbengang führt der Verbindungsgang von der Eingangshalle 17 m entlang der deutlich sichtbaren Deckenkluft (Abb. 3) bis zur einer Holzwand. Diese trennt den 3 m breiten und 2 m hohen Verbindungsgang von der Garderobe. Vom Ende des Ganges gibt es zwei Fortsetzungen: eine führt 7 m nach Süden in den Treppengang, die andere 6 m nach Westen in den Theatersaal (Katakombenspiele).
Der Theatersaal hat eine Länge von 15 m, mißt an seiner breitesten Stelle 12 Meter und ist zwischen 1,8 und 5,5 Meter hoch. Der Saal wird durch einen Felspfeiler in einem Hauptraum (Zuschauerraum) und einen niedrigeren Seitenteil gegliedert. Im westlichen Teil (Bühne) erreicht er seine größte Höhe. Von hier gibt es wieder eine in südöstliche Richtung führende, 5 m lange Verbindungsstrecke zum Treppengang; außerdem gibt es im nördlichen Teil einen, über 3 m hohe Wandstufe erreichbaren, mit 26 Grad ansteigenden Gang, der mit einem klei-nen Fenster 5 m über den Stiegenabsatz in die Eingangshalle zurückführt. Die dritte Fortsetzung führt 2 m leicht fallend nach Südwesten in die Aufzugshalle. Diese ist an der Basis 13 m lang, 6 m breit und 9 m hoch. Zahlreiche Balkenlöcher in etwa 4 Meter Höhe weisen auf ei-nen ehemaligen Zwischenboden hin. In der Decke führt ein 3 m hoher, mit einem Eisendeckel verschlossener Schlot an die Oberfläche. Durch diese Öffnung wurde das abgebaute Material einst in Kübeln aufgezogen. Im Süden der Halle erreicht man über eine 6 m hohe, senkrechte Wandstufe eine 4 x 4 Meter messende Nische, deren Sohle aus groben, verfestigten Sand-steinklumpen besteht.
Ebenfalls über eine senkrechte Wandstufe (5 m) kann man in Nordwesten in den durchschnittlichen 2 m breiten, anfangs 2,2 m hohen Geheimgang aufsteigen, der nach 24 Metern bei ei-ner Wasseransammlung endet, über der alte Holzeinbauten liegen; dort beträgt die Ganghöhe nur noch 1,5 Meter. Vom Geheimgang wird erzählt, dass er in das Schloß Wallsee führe.
Der 16 m lange, 4 m breite und 8 m hohe Treppengang beginnt im Osten der Aufzugshalle und endet an einer Holzwand mit Türöffnung bei der Garderobe. Über dieser Holzwand befindet sich in 5 m Höhe eine zweite Holzwand, durch die Tageslicht einfällt, und die den Treppengang von der Requisitenkammer trennt.
Die Garderobe (Ankleideraum der Schauspieler) wurde räumlich durch die beiden Absperrungen vom Treppengang, bzw. Verbindungsgang her geschaffen. Sie ist annähernd 10 m lang und 3 m breit und weist einen Knick von Ost nach Nord auf.
In der Mitte des Treppenganges, wo die Verbindung aus dem Theatersaal ansetzt, beginnt an der nördlichen Wand eine Treppe, die aus 31 Stufen besteht und an den Osthang des Hügels führt. Auch dieser Zustieg ist mit einer Bretterwand (Holztüre) verschlossen. Im oberen Teil führt die Treppe über eine Felsbrücke (mit Eisengeländer gesichert), die die Verbindungsstrecke zwischen Verbindungsgang und Treppengang in 4 Meter Höhe überspannt. Vor Erreichen des Ausganges setzt noch eine enge, jedoch befahrbare und derzeit durch ein verkeiltes Holzbrett abgedeckte Kluft in die 6 x 6 Meter messende Requisitenkammer an. Diese dient als Depot für die Kulissen des Katakombenspieles.
Hinter einem Felssporn nördlich des Ausganges beginnt ein ebenfalls halbhöhlenartiger Raum, dessen 5 m breites Portal mit einer 0,5 m hohen Betonmauer gegen Hangrutschung gesichert ist.
Von diesem Raum gelangt man in den mit einer künstlichen Decke versehenen, 6 m langen und 2 m breiten Mostkeller, aus dem ehemals eine Treppe in das darüberliegende Haus geführt hat.
Im gesamten Höhlenbereich findet man an den Wänden Ritzzeichnungen jüngeren Datums.

Funde
Im Scherbengang wurde aus einer mit Lockermaterial gefüllten Nische ein brauner, glasierter Scherben geborgen. Es handelt sich um ein Fragment neuzeitlicher Drehscheibenkeramik. Aus kompakten Sedimenten im Wandbereich des Scherbenganges stammt ein großes, graues Randstück eines Gefäßes, dass der späteren Bronzezeit (HaB), bzw. Hallstattkultur der ersten Hälfte des 1. Jahrtausend v. Ch. angehört. Die Funde wurden von Frau Dr. E. Hanak-Ruttkay (Naturhistorisches Museum Wien, Prähistorische Abteilung) bestimmt und wurden an das Niederösterreichische Landesmuseum weitergeleitet

Zoologische Beobachtungen
In der Höhle wurden neben einem Regenwurm, Nacktschnecken, Spinnen mit Netzen, Gelsen und Fliegen (Eristalomyia tenax), die Höhlenspinne Metamenardi (mit Kokon) und Fleder-mäusen lebend beobachtet. Bei den Fledermäusen handelt es sich um die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros Bechst.) und das Braune Langohr (Plecotus auritus).
Zwei aufgesammelte Knochenstücke (Schlacht-Abfall) stammen vom Hausrind (Bis primige-nius f. taurus). Aus einer kompakten Sandsteinwand wurde ein Scherenfinger vom Edelkrebs (Astacus astacus) geborgen.

Gedanken zur Entstehung der Höhle
Es besteht kaum ein Zweifel, dass für die erste Anlage der Höhle natürliche Klüfte in den Melker Sanden verantwortlich sind. In den leicht abzubauenden, aber trotzdem standfesten Melker Sanden findet man in Niederösterreich mehrfach Erdställe oder Kellerräume. Diese im Teritiär im Molassemeer des heutigen Alpenvorlandes abgelagerten Sande sind schon sehr früh abgebaut worden. Ob die Klüfte vor dem ersten Eingriff des Menschen schon befahrbar waren, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Sicher ist, dass der Abbau in erster Linie entlang der Klüfte erfolgte, da an diesen der Abbau wesentlich leichter und einfacher war. Einige Spalten könnten, worauf der Tonscherbenfund hinweist, schon sehr früh als Abfallgrube ver-wendet worden sein. An der Ausbildung der Halbhöhlen an der Ostseite (Requisitenkammer, Mostkellereingang) könnten auch ein Hanggerinne oder die Winderosion Anteil haben. Ob-wohl feststeht, dass die ursprünglich vorhandenen Hohlräume wesentlich verändert und der Großteil der Gänge erst durch den Menschen geschaffen wurde, rechtfertigt ein, wenn auch geringer Anteil der natürlichen Höhlenbildung, doch die Aufnahme in das österreichische Höhlenverzeichnis.