BurgWallsee

Geschichte der Burg Wallsee von Ing. Franz Salvator Habsburg-Lothringen

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Wie viele andere mittelalterliche Burgen ist auch die Burg Wallsee an einem Ort entstanden, an welchen schon die Römer ein Kastell hatten. Erst der Sieg über die Hunnen in der Schlacht am Lerchfelde im Jahre 955 ermöglichte in unserer engeren Heimat eine dauerhafte, stattliche Ordnung; daher sind genaue historische Nachrichten aus früherer Zeit nur spärlich überliefert.Am 25.6.1071 (eher 1111) wird erstmals in einer Urkunde die Pfarre Sunilburg erwähnt. Die Kirche ist damals schon unter dem Schutze des Herren von Sunilburg, des Patronatsherren, gestanden. Denn der damalige Herr von Sunilburg hat die Kirche aus eigenen Mitteln und auf eigenem Grund und Boden erbauen lassen und sie mit Pfründenvermögen zur Gewährleistung des Unterhaltes des Geistlichen und seiner kirchlichen Aufgaben ausgestattet:

Im Jahre 1247 stirbt das Geschlecht der Sunilburger aus. Über die Sunilburg kann man nur Vermutungen anstellen, da bis jetzt keine Unterlagen gefunden wurden.
Den Sunilburgern folgten die Herren von Sleunz, diesen die Herren von Zakking. Letztere hatten ihren Sitz auf der Burg Sommerau, etwa 3 km östlich von Wallsee, und nannten sich, dem damaligen Brauch entsprechend, Sommerauer. Konrad von Sommerau zeichnete sich in den Kämpfen zwischen König Rudolf von Habsburg und König Ottokar von Böhmen aus. Als Burghauptmann von Enns öffnete er dem Reichsheer die Tore von Enns und schloß sich mit seiner Streitmacht demselben an.
Dadurch konnte das Reichsheer, an Kraft ungebrochen und in voller Stärke, schneller, als von Ottokar erwartet, vor Wien erscheinen. In der Schlacht am Marchfeld, 1278, wirkte der Sommerauer entscheidend mit; es kam zum Siege König Rudolfs über Ottokar von Böhmen. Im Jahre 1296 war der Sommerauer einer der führenden Köpfe des Adelsaufstandes gegen Albrecht I.; nach Niederschlagung desselben verlor er alle Lehen und verschwand aus der Geschichte.

Mit Rudolf von Habsburg kam ein bedeutendes staufisches Ministerialgeschlecht aus Schwaben nach Österreich: Die Herren von Waldsee, auch geschrieben Walchsee, Walse oder Waldze. Heinrich I. von Waldsee wurde Burghauptmann von Enns und mit Sommerau und Sindelburg belehnt. Der nun beginnende Aufstieg dieser Familie ist unter anderem auch darauf zurück zu führen, dass nach dem Aussterben der Staufer, mit Konrads Enthauptung in Neapel, der Schwabe Rudolf von Habsburg als Patenkind des Stauferkaisers Friedrich II. in den Augen der schwäbischen Ministerialen der legitime Erbe der staufischen Macht war.

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Schloss Wallsee-Rudolfstor

Man kann mit Sicherheit annehmen, dass Rudolf von Habsburg mit Eberhard von Waldsee, dem Vater der nach Österreich gekommenen fünf Brüder, persönlich bekannt war, denn die habsburgischen und die Waldseer Besitzungen lagen nahe beisammen. Sowohl Rudolf wie auch Eberhard verbrachten einen Teil ihres Lebens am Hofe Friedrichs II. in Palermo, wo ersterer in Rechtskunde, Verwaltung und Kriegskunst ausgebildet wurde. Dank seiner guten Schulung unter Kaiser Friedrich II. waren die schwäbischen Ministerialen die besten Heerführer und Verwaltungsfachleute ihrer Zeit. Die nach Österreich gezogenen fünf Brüder Waldsee begründeten die Linzer, Ennser, Grazer und Drosendorfer Linie. Durch Heirat mit den bedeutendsten Familien des Landes festigten sie Macht und Einfluß. Ein weiterer Bruder, Gebhard, wurde Bischof von Passau, und Konrad von Waldsee wurde Pfarrer von Piber.

Die Schwestern Breide und Agnes wurden mit Ortlof von Kranichweg und Ulrich IV. von Pfannberg verheiratet. 1362 erhielten Friedrich VI. und Heinrich VI. von Waldsee das Marktrecht für den Ort Sindelburg an der Donau. In einer Urkunde vom 24.4.1368 findet sich zum ersten mal der Name „Neuen Walse“. 1368 urkundete Heinrich VI. zum letzten Mal in Sommerau. 1388 wird in einer Urkunde die Feste „Neuen Walse“ genannt.

Der Bau der in ihrem Grundriß bis heute unveränderten Burganlage ist somit in die Zeit von 1368 bis 1388 anzusetzen. Der Bauherr war Heinrich VI. von Wallsee. Aus der ganzen Anlage ist ersichtlich, dass es sich um einen bedeutenden und weitgereisten Bauherrn gehandelt hat.

Was an bereits vorhandenen Mauerwerk einer früheren Burg verwendet wurde, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Zweifellos wurden südliche Bauelemente nachempfunden. Die zweischiffige, durch zwei Geschoße reichende Säulenhalle (Baubeschreibung Daun) hatte möglicherweise ihr Vorbild in einer ähnlichen im Stauferkastell Maniace bei Syrakus. Die Halle im obersten Geschoß mit ihren übergroßen, nach Süden in den Innenhof sowie an der Nordfront gelegenen Fenstern findet man bei den Stauferburgen Gravina und Paterno in Apulien. Die nordseitigen großen Bogenfenstern sind noch auf dem Stich von Merian abgebildet. Ungewöhnlich ist auch die durch fast drei Geschoße reichende spätgotische Schloßkapelle, ursprünglich mit einem direkten Portal zum Innenhof, wie es nur bei den Burgen der Ordensritter üblich war. Auch die auf Kragsteinen ruhenden Gußerker am Torturm vor dem Hauptschloß findet man eher südlich des Alpenhauptkammes.

1331 verkauften die Wallseer ihre schwäbischen Besitzungen an die Herzöge Albrecht II. und Otto von Österreich, die dadurch ihren vorderösterreichischen Besitz erweitern konnten. Es handelte sich um die Burg und Stadt Waldsee, Warthhausen, Schweinhausen, Zelle, Schwarzach und die Feste Winterstetten. Der Kaufpreis von 11.000 Mark Silber wurde in der damals üblichen Form der Verpfändung landesfürstlicher Einkünfte sowie der Übergabe landesfürstlichen Besitzes in Österreich erbracht. Dadurch erweiterte sich der bereits ansehnliche Besitz der Wallseer.

Reimprecht II. von Wallsee Enns, 1364 – 1422, vereinigte nach dem Aussterben der anderen Linien die gesamte Macht in seiner Hand. Nachdem Haug VI. von Tibein (Duino) ohne männlichen Erben gestorben war, fiel die Grafschaft als Reichslehen zurück. Reimprecht II. von Wallsee, in dritter Ehe mit der einzigen Tochter Haugs verheiratet, wurde mit der Grafschaft Tibein belehnt. Dies ist insofern bedeutungsvoll, da die Grafschaft Tibein fast ganz Istrien umfaßte und die Reichsstadt Triest vor dem Zugriff Venedigs zu schützen hatte; mit diesem Lehen war auch der Sitz und Stimme im Reichstag verbunden. Reimprecht II. konnte ca. 1000 ihm dienstpflichtige Ritter samt deren Knappen und Knechte, also eine beachtliche Streitmacht ins Feld stellen; die Stammbesatzungen der zugehörigen Burgen sind hier nicht mitgerechnet.

Am 19.5.1483 starb Reimprecht V. von Wallsee ohne männliche Erben. Damit fiel der gesamte Lehenbesitz zurück an den Landesfürsten bzw. an das Reich. Seine einzige Tochter Barbara, verheiratet mit Siegmund von Schauenberg, behielt lediglich Wallsee als Allodialbesitz. Sie starb 1506 kinderlos und ist in der Kirche von Sindelburg beigesetzt. Ihren Besitz, Burg und Herrschaft Wallsee, vermachte sie Reimprecht von Reichenburg. Durch einen 40 Jahre dauernden Prozeß um die Erbschaft gelangte erst dessen Sohn in den Besitz von Burg und Herrschaft Wallsee. Er starb 1570 als letzter seines Namens.
Wallsee gelangte nun in den Besitz von Rupert Welzer von Spiegelfeld, dessen Sohn es 1597 an Nemrod Kölnpöck verkaufte. Dieser war als Eisenwarenaufkäufer für das Handelshaus Fugger zu Reichtum gekommen. Er ließ an der Ostseite des Innenhofes ein Stiegenhaus vorbauen; seitdem ist die Kapelle nicht mehr direkt vom Hof erreichbar. Auf der Vorburg ließ er ein Obergeschoß errichten. Durch sein aufwendiges Leben gezwungen, mußte er Wallsee verkaufen und starb 1620 völlig mittellos in Enns. Seine Frau Salome ist noch in der Pfarrkirche Sindelburg beigesetzt. Das Grab wurde 1990 bei der Kirchenrenovierung gefunden, fotografiert und vermessen.

Der neue Besitzer, Christoph Weiß von Wierting, ein Geldwechsler, starb bereits 1617. Sein Sohn schenkte Wallsee seiner Ehefrau und starb 1627. Im gleichen Jahr verkaufte die Witwe Wallsee an Gundakar von Polheim, Dietmar Schiefer, Wolf Nikolaus von Grienthal und Maximilian Hohn. Dies ist seltsam, da es auch eine Verkaufsurkunde vom 21.3. 1626 gibt, mit welcher ein Verkauf an ihre Schwägerin Barbara Freiin von Schiefer, Schwester des Christoph Weiß von Wierting, beurkundet wird.

1630 erwarb der kaiserliche Oberst Heinrich Guiard de St. Julien Wallsee. Er wurde aufgrund seiner militärischen Verdienste in den Grafenstand erhoben. Seine Nachkommen waren äußerst baufreudig und gerieten in Schulden. 1755 mußte Graf Nikolaus von St. Julien, die wegen der großen Schulden bereits unter Zwangsverwaltung stehende Herrschaft, das Schloß sowie das gesamte Inventar verkaufen. Durch Geldmangel war die Bauerhaltung sehr vernachlässigt worden. Der neue Besitzer, Feldmarschall Graf Leopold Daun, mußte eine gründliche Renovierung der gesamten Anlage durchführen. Aus dieser Zeit stammt eine umfassende Baubeschreibung, ein genaues Inventar nach Zimmern sowie Rechnungen und Baurapporte über die Reparaturen. Daun ließ auch eine Wasserleitung aus Holzrohren ins Schloß legen, diese wurden 1895 durch Gußeisenrohre ersetzt.

Sein Enkel, Graf Leopold Daun, starb kinderlos. Die Witwe verkaufte 1810 Wallsee an Franz Carl Graf von Wipfen, der schon 1817 an den Grafen Wickenburg verkaufte. 1862 erwarb Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und Gotha Wallsee. Er beauftragte den Archivar Dr. Carl Samwer, das Archiv, welches sich ungeordnet in einem Keller außerhalb des Schlosses befand, zu ordnen. Dadurch wurde wahrscheinlich das Archiv vor seiner Vernichtung durch ungeeignete Lagerung bewahrt. Samwers Auftrag war auch, die bereits vorhandenen römischen Funde zu ordnen und zu inventarisieren sowie eine Geschichte von Wallsee zu verfassen.

Nach dem Tod des kinderlosen Herzogs Ernst 1893 erbte sein Neffe Alfred Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog von Edingburgh, Wallsee. Dieser verkaufte am 11.6.1895 an Erzherzog Franz Salvator und Erzherzogin Marie Valerie, den Großeltern des jetzigen Schloßherrn.

Durch den häufigen Besitzwechsel war Wallsee nur wenig von seinen Besitzern bewohnt. Notwendige Reparaturen unterblieben. Da gesamte oberste Geschoß war unbewohnbar, im Westteil des Schlosses waren alle Decken und Gewölbe in derart schlechten Zustand, dass sie nicht mehr zu retten waren und daher erneuert werden mußten. Ebenso mußten alle Fenster, Fußböden, Türen und die Holzstiege repariert werden , so auch das Dach. Der gesamte heutige Verputz wurde damals aufgebracht.

Der 1864 eingestürzte Turmhelm war nur durch ein provisorisches Flachdach ersetzt worden. An seiner Stelle wurde der heutige Turmhelm errichtet. Ohne die 1895 – 1897 erfolgte Renovierung wäre das Schloß nur einige Jahre später eine Ruine gewesen.

Besitzstand unter Reimprecht V. von Wallsee, 1483 als letzter seines Namens gestorben:
Oberösterreich und Niederösterreich: Wallsee, Drosendorf, Guntramsdorf, Schadenstein, Pernstein, Rettenstein, Wartenstein, Wieselburg, Eggenburg, Windegg, Traunsee, Attersee, Kammer, Ottensheim, Scherfling, Waxenberg, Freistadt, Königswiesen, Gallneukirchen, Seisenegg, Purgstall, Gleiss, Hehenegg, Wolkenstein, Senftenberg, Weitra, Pettendorf, St.Pölten.
Steiermark, Kärnten und Krain: Radkersburg, Gleichenberg, Waxenegg, Hohenegg, Überbach, Sauthal, Freidenberg, Pothfels, Oberwölz, Hartneidstein, Weisenegg, Schmullenburg, Oberstein, Görtschach.
Istrien: Die Grafschacht Tibein (Duino), die fast ganz Istrien umfaßte.
Bedeutende Stiftungen: Die Zisterzienser Stifte Schlierbach in OÖ und Seusenstein in NÖ.
Literatur: Archiv Wallsee; Dr. Doblinger Max, Die Herren von Wallsee, Wien 1906; Dr. Samwer Carl, Geschichte von Wallsee 1881; Wahl Rudolph, Wandler der Welt, München 1949; Waldburg-Wolfegg Graf Hubert, Das Südreich der Hohenstaufen, München 1954.