Geschichte und Entwicklung der Marktgemeinde Wallsee-Sindelburg

Dass die Gegend von Wallsee und Sindelburg uralter Siedlungsboden ist und schon in der Steinzeit bewohnt war, läßt sich aus Funden von steinzeitlichen Werkzeugen nachweisen. Die genauere geschichtliche Kenntnis der Vergangenheit des Ortes aber beginnt mit der Römerzeit.
Durch umfangreiche Grabungen (Prof OSR Tscholl) und Nachforschungen von Theodor Salvator Habsburg-Lothringen, aufgrund der Tabula Peutingeriana, wurde für Wallsee das Kastell Adiuvense ausgemacht.

Die Völkerwanderung mit ihrer wechselvollen Geschichte verdunkelt das weitere historische Geschehen, sodass erst ab dem hohen Mittelalter die Geschichte Sindelburgs wieder belegbar ist. Jetzt taucht auch das Herrengeschlecht der Sunnilburger auf, das eine Burg an der Stelle des heutigen Schlosses besitzt. Die Brüder Walchum und Konrad von Sunnilburg sind von 1111 – 1144 nachzuweisen, jedoch stirbt dieses Geschlecht schon bald aus. Von ihm stammt der Name Sindelburg, der sich bis zum heutigen Tag erhalten hat.

In dieser Zeit fällt auch die erste Erwähnung der Pfarre Sindelburg, und zwar für das Jahr 1111 aus. Auffällig ist der Standplatz der Kirche: In ziemlich großer Entfernung vom historischen Siedlungsboden Sindelburgs, des späteren Wallsee, erhebt sie sich auf der Höhe des Hügelzuges, der im Süden das Donautal begrenzt. Erst in späterer Zeit entwickelte sich um die Kirche eine neue Siedlung.

Es ist nicht bekannt, warum die Kirche auf einsamer Höhe errichtet wurde. Es wäre möglich, dass sich zur Römerzeit auf diesem Platz ein heidnisches Heiligtum befand, dem schon frühzeitig eine christliche Kirche nachfolgte, wie dies des öfteren geschah. Auf dem seit altersher geheiligten Ort sei dann die Pfarrkirche für Sindelburg geschaffen worden. Doch bleibt dies eine Vermutung, denn eine archäologische Grabung, die eine solche historische Abfolge beweisen könnte, ist bisher noch nicht erfolgt. Die Größe und Anlage der Pfarrkirche Sindelburg läßt auf eine große Bedeutung im Mittelalter schließen.

Nachfolger im Besitz der Sunnilburg sind im 12. Jahrhundert die Herren von Sleunz und das Geschlecht der Zakkinger. Diese nennen sich ab dem Jahr 1258 „von Sommerau“, nach der von ihnen 3 km südöstlich von Wallsee erbauten Burg. Von der Burg Sommerau ist außergewöhnlich gut der „Hausberg“, der Erdunterbau, erhalten. Er steht unter Denkmalschutz. Einer dieser „Sommerauer“ sollte in der Geschichte Österreichs eine bedeutende Rolle spielen: Konrad von Sommerau, der 1278 durch die Übergabe der Stadt Enns entscheidend dazu beitrug, dass Rudolf von Habsburg Besitz davon ergreifen konnte.

Nach seinem Sieg auf dem Marchfeld hat König Rudolf von Habsburg seine beiden Söhne Rudolf und Albrecht 1282 mit den österreichischen Landen belehnt. Albrecht übernahm als Herzog Albrecht I. von Österreich später allein die landesfürstliche Macht. Da die Habsburger praktisch in ein fremdes Land zogen, um es zu regieren, gab König Rudolf seinen Söhnen Berater mit, und das waren unter anderem die Herren von Wallsee, die aus dem würtembergischen Städtchen Waldsee stammten und deren Geschlecht urkundlich 1181 das erste Mal erwähnt wird. Österreichs Adel, die Ministeralien, fürchteten um ihren Einfluß und um ihre Einnahmen, denn die mitgebrachten Berater des Herzogs bekleideten die höchsten Ämter im Lande. Dadurch kam es zu den von Konrad von Sommerau und den Kuenringern inszenierten Aufständen, die jedoch von Albrecht I. niedergeschlagen wurden. Auf seiten des Herzogs standen die Herren von Wallsee und brachten es zu großem Ansehen und Besitz.

Durch den Landesverweis von Konrad von Sommerau, dem bisherigen Besitzer der „Sunnilburg“, konnte Heinrich I. von Wallsee bereits um das Jahr 1295 Sindelburg erwerben. Natürlich war das Geschlecht der Wallseer bestrebt, auch eine Burg ihrer neuen Heimat mit ihrem Namen zu belegen. Eberhard III errichtete im Jahr 1364 auf dem Klausberg in der Nähe von Bad Mühllacken in Oberösterreich eine neue Burg und erhielt von Herzog Rudolf IV., dem Stifter die Erlaubnis, diese Burg zu ewigen Gedächtnis an das hochverdiente Geschlecht „Wallsee“ zu nennen. Es war dies die Burg „Ober-Wallsee“, heute nur mehr eine spärlich erhaltene Ruine. Diese Begebenheit, dass nämlich Rudolf IV. den Wallseern die Erlaubnisurkunde überreicht, finden wir im Mosaik über dem Rudolfstor in Wallsee dargestellt.
Für die Sindelburg, dem heutigen Schloß Wallsee, findet sich der Name „Neuen-Wallsee“ bereits ab dem Jahr 1368 in Urkunden. Als Gegensatz zu Ober-Wallsee wurde dann der Name Nieder-Wallsee gebraucht, noch bis zur jüngsten Gegenwart.

Dieses Geschlecht der Wallseer, das in mehrere Linien verzweigt war und einen Hauptbesitz in der Burg Neuen-Wallsee hatte, war eines der bedeutendsten Geschlechter Österreichs. 200 Jahre lang lagen die wichtigsten Ämter in ihren Händen: die Landeshauptmannschaft von Oberösterreich und der Steiermark, das Burggrafenamt zu Enns, das Hofmeisteramt und das Landmarschallamt von Österreich, sie waren die treuesten Ratgeber der Habsburger und setzten für deren Erfolge auch ihr Vermögen ein. In dieser Zeit erwarben sie auch zahlreiche ausgedehnte Besitzungen. Diese reichten vom Böhmerwald bis nach Istrien, an die Adria.

Die Geschichte der Herren von Wallsee ist sicher sehr interessant, aber auch sehr umfangreich, sodass hier nur ein Ereignis als Beispiel gebracht werden soll:
Eine Wiener Chronik vermerkt unter der Jahreszahl 1408: „Item in der Vesten desselben war Herr Friedrich von Wallsee von pulverswegen zu Neuen-Wallsee verbrannt, daß er starbe“. Genau war es Ende Februar des Jahres 1408, als Friedrich von Wallsee für seine Fürstentreue durch eine Pulverexplosion in der Zeit von Ritteraufständen ermordet wurde. Es geschah dies im Zusammenhang mit den Wirren um die Nachfolge Herzog Albrechts IV., der als Erbe seinen noch im kindlichen Alter stehenden Sohn eingesetzt hatte. Die Regenten und Brüder von Albrecht IV. strebten ihrerseits nach der Herzogswürde, doch Reinprecht III. von Wallsee, der Bruder des ermordeten Friedrich, verfügte über die Macht- und Geldmittel, die rechtmäßigen Ansprüche seines jugendlichen Herzogs zu wahren und ihm zur Regierung zu verhelfen. Schon als Gesandter von Österreich hatte er dem mit Krieg drohenden König Sigismund von Ungarn erklärt, er, Reinprecht, werde allein 1000 Reiter gegen ihn ins Feld stellen.

Abschließend kann noch gesagt werden, dass der letzte männliche „Wallseer“ im Mai des Jahres 1483 verstorben ist, seine Tochter Barbara starb im Jahr 1506, sie wurde in der Pfarrkirche Sindelburg begraben. (Denkmalplatte in der Pfarrkirche Sindelburg, links vor der Kanzel mit dem kunsthistorisch erwähnenswerten „Hirschgeweih-Ornament“) Sie starb kinderlos und vermachte auf Wunsch Kaiser Maximilians I. Wallsee an Reinprecht von Reichenburg.

Zunächst entstand ein fast vierzig Jahre währender Prozeß um das Erbe, sodass erst Reinprechts Sohn, Johann von Reichenburg, in den Besitz von Wallsee gelangte, der aber schon am 5. Mai 1570 als Letzter seines Stammes starb. Nun ging Wallsee im Erbwege und durch Kauf an Ruprecht Welzer von Spiegelfeld, doch schon sein Sohn verkaufte am 24. April 1597 an Nemrod Kölnpöck, dem Urenkel eines Fugerschen Handlungsdieners, der einem verarmten bayrischen Adelsgeschlecht entstammte und zu großem Reichtum gekommen war. Er verschrieb sich jedoch der Alchimie und führte eine kostspielige Lebenshaltung, was ihn 1614 zum Verkauf von Wallsee zwang. Er starb vollständig verarmt 1620 zu Enns.
Der neue Besitzer war nun Christoph Weiß von Wierting, Sohn eines reichen Wechslers. Diesem folgte zunächst sein Sohn und nach dessen Tod seine Tochter Barbara, vermählte Freiin von Schifer. Doch auch sie verkaufte Wallsee bereits 1630 durch Vermittlung des Freiherrn von Werdenberg an Heinrich Guiard Freiherrn von St.Julien.

Der neue Besitzer entstammte einem französischen Geschlecht, war in kaiserliche Dienste getreten und befand sich zur Zeit des Ankaufes von Wallsee als Oberst im Heere Wallensteins im Felde, bei der Belagerung von Stralsund. Er erwarb sich große Verdienste, wurde als Graf von Wallsee in den Grafenstand erhoben, war Kämmerer Kaiser Ferdinands II., Kommandant der Stadt Wien und Hofkriegsrat.
Sein kunstsinninger Enkel errichtete 1710 auf dem Marktplatz von Wallsee die wunderschöne Mariensäule, zum Dank für die Genesung seines schwerkranken Sohnes, und ebenso 1725 die Statue des hl. Johannes Nepomuk beim Landespensionistenheim Wallsee.

Nun blieb Wallsee im Besitz des Grafen von St.Julien , bis Graf Johann Nikolaus gezwungen wurde, die damals unter Sequester stehende Herrschaft im Jahr 1755 zu verkaufen. Die neuen Besitzer waren Feldmarschall Leopold Graf Daun und dessen Gemahlin, Josefa Gräfin Fuchs. Graf Daun war der größte Reorganisator der kaiserlichen Armee unter Kaiserin Maria Theresia und der berühmte Sieger in der Schlacht von Kolin über König Friedrich II. von Preußen. Sein Enkel Leopold Karl Graf Daun starb 1799 kinderlos, und seine Witwe verkaufte im Jahr 1810 die Herrschaft Nieder-Wallsee.

Nun wechselten wieder die Besitzer in schneller Folge. Zunächst war es Graf Franz Karl Eduard von Wipfen, vermählt mit Viktoria Prinzessin von Anhalt-Bernburg, 1817 bis 1862 die Grafen von Wickenburg. Diesen folgte durch Kauf der Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und Gotha, welcher 1893 kinderlos starb.
Sein Erbe in der Regierung des Herzogtums Coburg und auch des Besitzes von Wallsee war Herzog von Edinburgh, Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, zweiter Sohn der Königin Viktoria von Großbritannien.
Dieser verkaufte Nieder-Wallsee am 11. Juni 1895 an Erzherzog Franz Salvator und dessen Gemahlin Erzherzogin Maria Valerie, Tochter Kaiser Franz Josephs.
Ein Enkel dieses Paares ist heute Hausherr auf Schloß Nieder-Wallsee.

Die Wallseer hatten Nieder-Wallsee als eine Burg mit mächtigen Wehranlagen errichtet. Diese sind noch heute größtenteils erhalten. Die Umgestaltung zum Schloß erfolgte im wesentlichen durch die Grafen Saint Julien. Graf Leopold Daun nahm ebenfalls umfangreiche und kostspielige Umbauten vor. Seine heutige Gestalt und Einrichtung erhielt das Schloß durch Erzherzog Franz Salvator Habsburg-Lothringen.

Besonders Erzherzogin Marie Valerie erfreute sich aufgrund ihrer Mildtätigkeit der besonderen Verehrung der Bevölkerung, und das ist auch einer der Gründe für das seit jeher gute Verhältnis zwischen dem Schloß und der Bevölkerung von Wallsee.

Interessant mag vielleicht auch noch sein, daß eine der letzten Kampfhandlungen nach dem 2. Weltkrieg in Wallsee stattfand, als zwei ungarische Flüchtlingsschiffe von den im Norden der Donau aufmarschierten Amerikanern versenkt wurden. Kurz nach Kriegsende 1945 fand auch das Treffen des amerikanischen Generals Patton und des russischen Generals Tolbuchin und die anschließende dreitägige Siegesfeier im Schloß von Wallsee statt. Kriegerdenkmal

Wirtschaftlich waren Wallsee und Sindelburg seit dem Mittelalter und bis nach dem 1. Weltkrieg sehr eng mit der Gutsherrschaft des Schlosses verbunden.
Der Ort Sindelburg, dann Wallsee genannt, lag zunächst unter dem Schloß an der Donaulände. 1362 erhielt er das Marktrecht. Der Markt entwickelte sich hierauf auf dem Platz des einstigen Römerlagers. Ihm wurden „alle Rechte und Freiheiten der Städte des Landes ob der Enns“ zugestanden, auch bekam er ein Privileg im damals bedeutungsvollen Eisenhandel.

Salz war einst das einzige Konservierungsmittel für Lebensmittel. Es wurde auf der „Salzstraße“ von Aschbach zugeführt. Erwähnenswert erscheint auch der Salzhandel, an der noch der Name des „Salzhauses“ in Wallsee erinnert.

Seit Beginn des 16. Jahrhunderts bis zum Jahre 1895 bestand am Sandsteinfelsen unterhalb des Schlosses eine Mühlsteinindustrie, die ihre Mühlsteine bis Ungarn und an das Schwarze Meer lieferte. Ganze Generationen von Mühlsteinbrechern waren hier tätig. Die Zunft der Mühlsteinbrecher errichtete auch die Filialkirche in Wallsee, die St.Anna-Kapelle. Diese gehört zur Pfarre Sindelburg.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die wirtschaftliche Entwicklung mehr von der Donau her geprägt, was sich vor allem durch das Schiffahrtsunternehmen der Gebrüder Brandner und den Bau des Donaukraftwerkes Wallsee-Mitterkirchen ausdrückt. Durch den Ausbau der Radwege entlang der Donau und der Errichtung eines Wassersportzentrum mit vielen sportliche Einrichtungen (Freibad, Tennis, Beach-Volleyball, Segeln, Surfen, Barfuß-Wasserschilauf) sowie einer vorzüglichen Gastronomie sind auch starke touristische Akzente gesetzt. Seit dem Jahr 1971 sind die Gemeinden Wallsee und Sindelburg zur Gemeinde Wallsee-Sindelburg vereinigt.

Marktrecht und Marktwappen


Eine Abschrift von 26.10. 1545 (Kammerarchiv Wallseer Urkundeninventar) bestätigt das Marktrecht für Nieder-Wallsee aus dem Jahre 1362. 1368 wird dieses Marktrecht neuerlich bestätigt.

Weitere Bestätigungen des Marktrechtes erfolgen 1501, an Barbara von Wallsee durch Kaiser Maximilian I., 1705 erfolgte eine Convirmation (Bestätigung) der alten Freiheiten des Marktes Wallsee, des Jahrmarktes und des Stegrechtes.

1785 ein Privilegium zur Abhaltung zweier Vieh- und eines Roßmarktes.
In Anlehnung an diese Rechte finden heute noch 3 Kirtage pro Jahr auf dem Marktplatz Wallsee statt: am 1. Mai, der Anna Kirtag am 1. Sonntag nach dem Anna Tag (Anna am 26. Juli) und der Michaelikirtag am 2. Sonntag nach St. Michael (Michael am 29. September).

Für die Gemeinde Wallsee, die wie erwähnt, seit dem 14. Jahrhundert das Marktrecht besitzt sind durch die Jahrhunderte verschiedene Siegel und Wappen in Gebrauche. Das älteste Wappen und Siegel: schwarz-weiß-schwarzes Bindenschild, darüber die Buchstaben MW war bis zum Jahr 1646 im Gebrauch. Eine Darstellung befindet sich noch über dem Südtor der Pfarrkirche Sindelburg mit der Jahreszahl 1504.


Ab 1657 wird ein Siegel mit der Darstellung Fisch und Mühlstein verwendet. Der Fisch ist heraldisch nach links-schwimmend dargestellt. Die heutig übliche Siegeldarstellung – in einem runden Turnierschild, im unterem Feld ein nach rechts-schwimmender Fisch, beseitet oben links von einem Mühlstein – stand aus dem 19. Jahrhundert


Wobei zu bemerken ist, das der Schild eigentlich falsch ist, und zwar seitenverkehrt. Bei dem Fisch könnte es sich in mißverständlicher Auslegung des Ortsnamen Wallsee auch um einen „Waller“ (= Wels) oder einen Wal (= Ungeheuer, hierüber gibt es eine Sage) handeln. Der Mühlstein im Bezug aus die seit dem 16. Jahrhundert bis Ende des 19. Jahrhunderts im Ort betriebenen Erzeugung vom Mühlsteinen und die hier ansässige Zunft der Mühlsteinbrecher.