Die Mariensäule zu Wallsee

und ihre Geschichte
Theodor Salvator Habsburg-Lothringen
im Jahre 1975 anläßlich der damaligen Renovierung

Wie aus den an der Mariensäule angebrachten kleinen Inschriften 1a und 2a hervorgeht, waren Joh. Nikolaus von Guyard Freiherr von St. Julien Reichsgraf von und zu Wallsee und dessen Gattin Susanna Ludovika geborene Gräfin von Hohenfeld die Stifter der so schönen Mariensäule in Wallsee.

Der Großvater des Obgenannten, Heinrich Guyard v. Saint Julien, war im Jahr 1609 aus Frankreich kommend in Österreich eingewandert um in kaiserliche Dienste zu treten. Zunächst Privatsekretär Kaiser Rudolf II., dann in gleicher Eigenschaft bei Kaiser Matthias, trat er unter Ferdinand II. in kaiserliche Kriegsdienste, wo er zunächst unter Wallenstein seine großen Fähigkeiten bewies und durch seine Kaisertreue auch nach dem Sturz Wallensteins in die höchsten Stellen aufstieg. In den Freiherrenstand erhoben, kaufte er 1630 die Herrschaft Nieder-Wallsee und wurde schließlich 1638 von Kaiser Ferdinand III. in den Reichsgrafenstand als Graf von und zu Wallsee aufgenommen.

Sein obengenannter Enkel, Johann Nikolaus, war als Erstgeborener Besitzer von Wallsee und hatte 11 Kinder:
1.) Johann Friedrich, geboren 1701, starb gleich nach der Geburt und wurde in Wien beigesetzt.
2.) Johann Julius, geboren 1702, wurde Nachfolger seines Vaters, kam aber in finanzielle Schwierigkeiten und musste Wallsee im Jahre 1755 an Feldmarschall Graf Leopold Daun, den großen Feldherrn und Reorganisator der österreichischen Armee unter Maria Theresia, verkaufen. Er starb am 24.8.1783.
3.) Maria Eleonora, geboren 1703.
4.) Maria Katharina, geboren 1704, starb gleich nach der Taufe und wurde auch in Wien beigesetzt.
5.) Maria Josefa, geboren 1705.
6.) Johann Leopold, geboren 1708, wurde Offizier und von Prinz Eugen v. Savoyen zum General-Adjutanten ernannt. Er ist schließlich 1739 schwerverwundet seinen Verletzungen erlegen.
7-11.) Es folgten noch 3 weitere Söhne und 2 Töchter, welche jedoch alle im zartesten Kindesalter starben und in der Pfarrkirche zu Sindelburg rechts neben dem Hauptaltar beigesetzt wurden.
In den ersten Monaten des Jahres 1710 war nun einer seiner Söhne – wir wissen nicht welcher – es kann sich aber nur um Johann Julius, vielleicht auch Johann Leopold gehandelt haben, so schwer erkrankt, dass man um sein Leben fürchtete. In der Überlieferung spricht man von der Pest, was jedoch in den vorhandenen Akten nicht bestätigt wird. Jedenfalls gelobte der Vater Graf Johann Nikolaus, der ja schon zwei Kinder verloren hatte, eine Marienstatue zu Ehren der Unbefleckten Empfängnis zur Errettung seines Sohnes in Wallsee errichten zu lassen.
Als nun tatsächlich die Genesung eintrat, kam es auch zum Abschluss eines Vertrages de dato 17. März 1710 mit dem Wiener Bildhauer Benedikt STOBER zur Errichtung eines Standbildes. Es wurde ein Preis von 430 Gulden ausgemacht, welcher jedoch um 8 Gulden überschritten wurde. Die Ausführung erfolgte in Eggenburger weißem Sandstein, der jedoch leider etwas empfindlich ist. Die lateinischen Inschriften verfasste Graf Johann Nikolaus persönlich, da er überhaupt gerne Gedichte und Sprüche in verschiedenen Sprachen verfasste.

Es sei noch erwähnt, dass die schöne Statue des Hl. Johannes Nepomuk dem gleichen Stifter zu verdanken ist. Sie wurde 1725 zum Dank für die Errettung der Familie aus den Fluten der Ybbs infolge eines Wagenunfalles errichtet und steht an der Straße neben dem Pensionistenheim.
Graf Johann Nilolaus von Saint Julien-Wallsee starb am 17. Februar 1728. Seine Gattin überlebte ihn um 26 Jahre und starb am 26. Jänner 1754 zu Linz.

Übersetzungen der einzelnen lateinischen Inschriften an der Mariensäule:

(Diese Inschriften stellen in lateinische Verse gefaßte Hymnen und Danksagungen an die Gottesmutter dar.)

Tafel 1
1710

Unter Deinen Füßen, Königin, zertrittst Du Evas,
der todbringenden, Schuld. Pforte des Heils sei gegrüßt!
O Jungfrau ohne Makel. Mutter ohne Schuld!
Herrlicher glänzt das Antlitz der unbefleckten Jungfrau!
Auch nach der Geburt bleibst Du Jungfrau.
Du schimmerst im Glanze!
Reinerer Glanz als Deiner wird nie auf Erden erstrahlen.
Halt an Deine Schritte, Wanderer, wenn Du gehst zur heiligen Stätte.
Der Jungfrau bringe von Herzen sehr liebevolle Gebete dar!
Tafel 1a
Susanna Ludovika aus dem Hause der Grafen von Hohenfeld, Gattin.

Tafel 2
O glücklich und ersehnt zugleich war die Stunde des Heils,
in der die hehre Jungfrau den Unglücklichen den Tag gebracht.
Sie ist das wahre Heil.
Sie hat das ganze Menschengeschlecht erlöst
und nun steht den Verdammten die volle Gnade offen.
Dich verehrt ebenso die fromme Schar der Himmlischen.
Dich preist der Erdkreis!
Du bist der Grund des Lebens; herrliche Himmelsbraut!
Die Leiber, mächtiger Stern, unsere Patronin, bewahre, so
bitt ich, die Kranken stärke, beschütze sie, verscheuche das Unheil!

Tafel 2a

Joh. Nikolaus Freiherr von Saint Julien
des Hl. Römischen Reiches Graf von und zu Wallsee.

Tafel 3
Andächtig habe ich Dir das gemachte Gelübde erfüllt.
Als Dank für empfangene Gnade preist Dich in Marmor das Werk.
Daher weihe ich Dir alle wohlerhaltene Nachkommenschaft.
Meine Habe schütze auch, o Jungfrau!
Um das bitte ich von Herzen: bleib Patronin Deines Schützlings!
Deine Gnade allein beglücke den,
der auf Dich seine Hoffnung setzt.
Das, Du vom Himmel Auserwählte, verleihe
durch das hier vollendete Schaustück:
dass das Herz ewiglich die geheiligten Feste feiere.

Tafel 4
1710

Mit unzähligen Siegeszeichen müßtest Du, Himmelskönigin,
umgeben werden! Wer kann Dir aber gebührende Ehre erweisen?
Das Leben des kranken Kindes hast Du bewahrt,
die Fäden des schon aufgegebenen Lebens
kannst Du wieder knüpfen.
Daher weiht der Vater, während er für den Sohn Dank sagt,
Dir, o Hehre, diese Marmorstatue.
Hier setze ich Dir ehrfürchtig,
meine heilige Mutter, Siegeszeichen.
Diesen Dank bringe ich Dir dar;
diese Geschenke weihe ich Dir.